Restrukturierung gemeinsam meistern

Maschinenmarkt 2008 –  Die Halle wird zu eng, die Maschinen stehen dicht an dicht. Neue Anlagen werden dort installiert, wo Platz ist. Die Folgen: keine klare Struktur in der Fertigung, Material muss über unnötig weite Strecken transportiert werden. Mit dieser Situation war auch die Firma Maschinen- und Formenbau Leinetal GmbH (MFL) konfrontiert.

Zur Lösung der beschriebenen Probleme wurde eine Hallenerweiterung beschlossen. Um die Erweiterungsfläche so effizient wie möglich zu nutzen und gleichzeitig die Produktion zu restrukturieren, unterstützte das IPH – Institut für Integrierte Produktion Hannover gGmbH den Planungsprozess.

Die Maschinen- und Formenbau Leinetal GmbH (MFL) bietet kundenorientierte Planung, Beratung und Realisation von komplexen Projekten in den Bereichen Formen- und Werkzeugbau sowie Lohnfertigung. Schwerpunkte der Leistungen bilden Formen und Werkzeuge sowie Maschinen und Vorrichtungen für die Automobil- und Elektroindustrie, für den Werkzeugmaschinenbau sowie für die Kautschuk- und Kunststoffindustrie. Die Präzisionsfertigung ist zudem für Unternehmen aus den Bereichen Abfüll- und Verpackungsanlagen sowie Messtechnik tätig. Der Standort Neustadt/ Basse wurde 2008 um eine Produktionshalle erweitert, um die gewachsenen Fabrikstrukturen an die Wettbewerbsanforderungen anzupassen und ein weiteres Wachstum aufwandsarm zu ermöglichen. Die Planung der Restrukturierung wurde vom IPH gemeinsam mit MFL durchgeführt.

Wesentliche Zielsetzungen bei der Planung von Fabriken oder von Fertigungsbereichen sind z. B. die Entwicklung einer geeigneten Fabrikstruktur mit klaren Verantwortungsbereichen, ein gerichteter Materialfluss, kurze Wege sowie die Berücksichtigung von Erweiterungsmöglichkeiten. Die Fabrikplanung ist grundsätzlich unterteilt in die Phasen Vorbereitung, Strukturierung, Layoutgestaltung und Umsetzung [VDI0905]. Dieses Vorgehen ist sowohl für eine Neuplanung als auch eine Erweiterung und Restrukturierung anwendbar.

Workshopbasierte Planung
Die Durchführung der Planung erfolgt in mehreren Workshops in enger Zusammenarbeit zwischen dem IPH und den Industriepartnern. Zu diesem Zweck wurde bei MFL ein Projektteam zusammengestellt, das gemeinsam mit dem IPH die Workshops durchführte, so dass die beteiligten Mitarbeiter ihr spezifisches Fach- und Betriebswissen in die Planung einbringen konnten. In der Vorbereitungsphase erfolgte zunächst die Projektdefinition auf Basis der abgestimmten Zielsetzung, hier u. a. eine bessere Strukturierung des Materialflusses und eine erhöhte Transparenz der Verantwortungsbereiche. In einer umfassenden Fabrikanalyse wurden bspw Informationen über Produktstruktur, Liefer- und Durchlaufzeiten, Materialflussstruktur sowie Arbeitsorganisation aufgenommen und analysiert. Weiterhin sind Daten der Betriebsmittel, z. B. Abmessungen der Maschinen, und des Standortes bzw. Gebäudes zusammengestellt worden. Die Daten waren teilweise vorhanden und konnten in einem Workshop durch das Projektteam ergänzt werden. In der sich anschließenden Strukturierungsphase bestand die Aufgabe in der Gestaltung von technisch und organisatorisch funktionsfähigen Struktureinheiten und deren Beziehungen. Beispiele für Fabrikstrukturen sind die Bildung von funktionsorientierten Einheiten wie Dreherei und Fräserei (Werkstattprinzip), von Fertigungslinien (Fließprinzip) oder auch die produktorientierte Einteilung der Bereiche für „Renner“, „Läufer“ und „Exoten“. Bei der Firma MFL wurde eine Werkstattstruktur festgelegt, um so die flexibel auf die Anforderungen unterschiedlicher Werkstücke und auf unterschiedliche Bearbeitungsfolgen der Produkte reagieren zu können.

Layoutgestaltung am runden Tisch
In der Layoutgestaltung wurde die entwickelte Struktur räumlich umgesetzt. Die Layoutplanung wurde unterteilt in die Ideal- und die Realplanung und endete mit einem flächenmaßstäblichen Feinlayout. Zur Unterstützung der Layoutplanung bei MFL wurde mit maßstabsgetreuen Papierschablonen gearbeitet. Diese sind einfach zu erstellen und bieten den Vorteil, dass sie durch die Workshopteilnehmer im Layoutentwurf direkt umgeordnet werden können. Damit erhalten die Teilnehmer die Möglichkeit, ihre Ideen und Vorschläge „greifbar“ zu machen. Gleichzeitig können die Vor- und Nachteile der Vorschläge im Projektteam diskutiert werden. Das IPH hat mit dieser Vorgehensweise sehr positive Erfahrungen gesammelt, da die betrieblichen Mitarbeiter hierbei im Gegensatz zu Simulationsmodellen keine „Berührungsängste“ haben

Reallayoutplanung mit Papierschablonen
Bei der Idealplanung wurde zunächst ein Groblayout zur Umsetzung der Struktur erarbeitet, bei dem sämtliche Restriktionen z. B. durch das Gebäude oder technische Anforderungen seitens der Betriebsmittel unberücksichtigt bleiben. Das Ideallayout stellt somit eine weitgehend optimale Lösung basierend auf den funktionalen Erfordernissen des Produktionsprozesses dar. Gleichzeitig bot das Ideallayout einen objektiven Maßstab zur Bewertung der sich anschließenden Reallayoutplanung. Neben einem klar strukturierten Materialfluss wurde bei der Firma MFL insbesondere darauf geachtet, dass ausreichend definierte Abstellflächen für das Fertigungsmaterial vorgesehen werden, um den Suchaufwand für das Fertigungsmaterial zu verringern. Bei der folgenden Reallayoutplanung wurde das Ideallayout dann schrittweise an die räumlichen und technischen Restriktionen angepasst. Im Rahmen der Reallayoutplanung wurden vom Projektteam bei MFL drei Reallayoutvarianten entwickelt. Anhand einer Nutzwertanalyse wurden dann sowohl das Ideallayout als auch die Reallayoutvarianten bewertet. Durch eine Bewertung und den Vergleich mit dem Ideallayout werden die Vor- und Nachteile der Reallayoutvarianten deutlich, so dass eine Vorzugsvariante ausgewählt werden kann. Die Bewertungskriterien waren hierbei die Struktur des Materialflusses, die Transparenz der definierten Verantwortungsbereiche, die Anordnung zentraler Bereiche wie z. B. des Werkzeuglagers, das Arbeitsumfeld, die Flächennutzung und die Flexibilität der Layoutvariante im Hinblick auf zukünftige Änderungen der Strukturbereiche. Die ausgewählte Vorzugsvariante wurde in einer weiteren Detaillierungsstufe ausgeplant. Das dabei entstandene Feinlayout bildete eine wesentliche Grundlage für die reale Umsetzung des Planungsprozesses.

Zusammenfassung
Wie das vorgestellte Projekt zeigt, bieten die Restrukturierung, Erweiterung oder auch Neuplanung einer Fabrik oder von Fabrikbereichen ein großes Potenzial zur Verbesserung der Abläufe in Produktionsbereichen. Wichtig ist hierbei jedoch eine systematische Vorgehensweise. Daher unterstützte das IPH die Firma MFL bei ihrem Erweiterungsprojekt, um eben diese Potenziale ausschöpfen zu können. Nach der Umsetzung ist bei der Firma MFL bspw. der Suchaufwand für Fertigungsmaterial gesunken, aber auch die Sichtbereiche zwischen den Arbeitsplätzen konnten verbessert werden. Zudem wurden durch die Erweiterung die Strukturbereiche so entzerrt, dass auch die Belastungen für die Mitarbeiter wie bspw. Lärm und Geruch verringert werden konnten. Im Ergebnis konnte mit dem Erweiterungskonzept nicht nur die Transparenz über die Verantwortungsbereiche, das Arbeitsumfeld und die logistische Leistung verbessert werden, auch die Kunden honorieren die erhöhte Leistungsfähigkeit der neuen Struktur mit zusätzlichen Aufträgen.

 
Literatur: [VDI09] VDI 5200 Blatt 1: Fabrikplanung – Planungsvorgehen. VDI-Gesellschaft Produktionstechnik, 2009.
Autorenhinweis: Frauke Hertrampf studierte an der Leibniz Universität Hannover Wirtschaftsingenieurwesen. Sie ist seit September 2006 als Projektingenieurin am Institut für Integrierte Produktion Hannover gGmbH (IPH) in der Abteilung Logistik beschäftigt.